Deutsch-Französisches Institut
Arbeitsgemeinschaft, Elternvereinigung und Förderverein der Gymnasien mit zweisprachig deutsch-französischem Zug in Deutschland (LIBINGUA)

Anspruch und Wirklichkeit der sozialistischen Architektur in der DDR

Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik können in diesem Jahr, in dem wir den 30. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus begehen, mit Stolz auf die erfolgreiche Entwicklung ihres sozialistischen Staates zurückblicken, eines Staates, den sie unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch¬leninistischen Partei selbst aufgebaut und gestaltet haben.

Dieses Buch soll deshalb all jenen gewidmet sein, die mit ihren Leistungen dazu beigetragen haben, die Deutsche Demokratische Republik zu dem zu machen, was sie heute ist: ein in der Welt geachteter, aufstrebender sozialistischer Staat, der mit der Sowjetunion und den anderen Ländern der sozialistischen Staatengemeinschaft fest verbunden ist. Mit dem Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung haben auch der Städtebau und die Architektur in der DDR entscheidende Impulse erhalten.

Die Entwicklung des Städtebaus und der Architektur wurde, von der Partei der Arbeiterklasse weitsichtig gefördert, zu einem demokratischen Anliegen der ganzen Gesellschaft. Die Einflußnahme der Bürger auf die Entwicklung der Architektur umfaßt das breite Spektrum der sozia¬listischen Demokratie von der Tätigkeit der gewählten Volks-vertretungen und ihrer Räte bis zur aktiven Mitgestaltung ihrer Umwelt im Wettbewerb „Schöner unsere Städte und Gemeinden - mach mit!". Das architektonische Schaffen hat damit den Charakter einer um¬fassenden, schöpferischen Gemein¬schaftsarbeit angenommen, in der das Volk zum Schöpfer der neuen Architektur geworden ist.

Der VIII. Parteitag der SED und das aus seiner sozialpolitischen Zielsetzung abgeleitete Wohnungsbauprogramm der DDR bis zum Jahre 1990 haben dem Schaffen der Architekten weit in die Zukunft reichende, begeisternde Perspektiven gegeben. Das Wohnungsbauprogramm ist geradezu ein Beispiel dafür, wie sich im Sozialismus die tägliche Sorge um die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen mit revolutionärer Phantasie verbindet.

Die Zukunft der sozialistischen Architektur wird unter diesen Bedingungen nicht zum Objekt utopischer Spekulationen, sondern nimmt, getragen von der schöpferischen Initiative aller Bauschaffenden, bereits heute auf den Baustellen unserer Republik, in Plänen, Projekten und Forschungsergebnissen reale Gestalt an. In diesem Sinne soll hier die Leistung der Aktivisten der ersten Stunde, der vielen freiwilligen Aufbauhelfer, der Trümmerfrauen, der Arbeiter auf den Baustellen und in den Werken der Baumaterialienindustrie, der Ingenieure und Wissenschaftler, der Mitarbeiter staatlicher Organe und nicht zuletzt der Architekten gewürdigt werden, die das neue architektonische Antlitz der DDR gestalteten.

Ohne einer umfassenden wissenschaftlichen Analyse vorgreifen zu wollen, soll mit dieser Arbeit versucht werden, ein Vierteljahrhundert Architekturentwicklung in der DDR darzustellen und zu werten. Eine solche Einschätzung der Fortschritte in der Architektur wird, wie mir scheint, am deutlichsten, wenn sie in den Rahmen von Vergangenheit und Zukunft eingeordnet wird. Deshalb soll hier auch ein Ausblick auf die Architektur von morgen gewagt werden, der - wie ich hoffe - zugleich Anlaß zur Diskussion und zum Meinungsstreit geben wird.

Denn die Würdigung der Leistungen von gestern und heute darf uns nicht zur Selbstzufriedenheit verleiten. Sie soll vielmehr dazu beitragen, die Architekturentwicklung nach vorn, auf die neuen Aufgaben bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft zu orientieren.

Gerhard Krenz

Vorwort aus:  Krenz, Gerhard: Architektur zwischen gestern und morgen : ein Vierteljahrhundert Architekturentwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik. - Berlin : Verl. für Bauwesen, 1974. - S. 5.