Der in Karlsruhe geborene Ingenieur Johann Gottfried Tulla (1770 - 1829) steht für eine der größten Landschaftsveränderungen am Oberrhein. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts variierte die Flussbreite zwischen zwei und drei Kilometern. Der Rhein bestand aus vielen Flussarmen mit kleinen Inseln, weshalb die Rheingebiete von Mückenplagen und Malaria heimgesucht wurden. Aufgrund der häufigen Überschwemmungen konnten die Rheinufer nicht landwirtschaftlich genutzt werden.
Um den Fluss auf ein Hauptbett zu binden, wurde ab 1817 die Rheinkorrektur nach Tullas Plänen durchgeführt. Die Hauptziele der Rektifikation bestanden im Hochwasserschutz und in Landgewinnung für den Ackerbau. Die Flussbegradigung wurde durch künstliche Durchstiche zwischen zwei Flussschlingen erreicht. Dadurch verkürzte sich die Flusslänge zwischen Basel und Mannheim um 90 km.
Die Flussverkürzung hatte jedoch eine Erhöhung der Wassergeschwindigkeit zur Folge, wodurch die Tiefenerosion zunahm und der Grundwasserspiegel absank. Die Rheinbegradigung und der Bau von Dämmen verhinderten also nicht nur Überschwemmungen, sondern führten auch zu einer Austrocknung des Rheingebietes und zum Absterben von Auenwäldern. Wegen der Steigerung des Flussgefälles gab es flussabwärts sogar eine größere Hochwassergefahr. Tullas Ziel ist eine höhere Schiffbarkeit des Rheins gewesen. Letztlich haben jedoch die durch die Rheinregulierung hervorgerufenen Tiefenerosionen Gesteine frei gelegt, welche ein Hindernis für die Schifffahrt bildeten, so dass für viele Jahrzehnte der Mannheimer Hafen der Endpunkt der Rheinschifffahrt bildete.
Noch heute erinnern viele Orte in Baden-Württemberg an Tullas Wirken. Straßennamen sind nach ihm benannt, die Realschule in Kehl trägt seinen Namen. Das renommierte Karlsruher Institut für Technologie (Karlsruher Universität) ist unter anderem aus der Ingenieurschule, die Tulla 1807 gegründet hatte, hervorgegangen.
1770 | geb. in Karlsruhe |
1792 | Ausbildung in Mathematik und Hydraulik in Gerabronn bei Prof. Karl Christian von Langsdorf |
1795 | Studien in Freiburg |
1797 | Ingenieur der Markgrafschaft Baden |
1801 - 1802 | Studien in Paris |
1817 | Leiter der Oberdirektion des Wasser-und Straßenbaues in Karlsruhe |
1827 | Ernennung zum Offizier der französischen Ehrenlegion |
1828 | nach langer Krankheit in Paris verstorben |
die Rheinkorrektur | la rectification du Rhin |
der Durchstich | le percement |
die Flussschlinge, die Flusswindung | le méandre |
der Grundwasserspiegel | le niveau de la nappe phréatique |
der Damm | la digue |
Auenwald | la forêt alluviale |
das Flussgefälle | la pente du fleuve |